Pfarrer Michel von Hoyerswerda hilft mit Herz hat Hungerstreik am 23.5.22 beendet

Pfarrer Jörg Michel, Sprecher des Bürgerbündnisses „Hoyerswerda hilft mit Herz“ und Flüchtlings-beauftragter des Evangelischen Kirchenkreises schlesische Oberlausitz, wird ab Montag, 23.Mai, vor dem Landratsamt stehen mit einem Plakat „Herr Landrat, ich warte auf Antwort!“.

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http://www.hoyerswerda-hilft-mit-herz.de/Aktuelles

Was ist der Anlass?
Ende Januar hat Pfarrer Michel eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den 1.Beigeordneten, Herrn Udo Witschas, dem Landrat per Einschreiben zugestellt (11/14). Darauf gab es keine Reaktion. Alle Fraktionsvorsitzenden im Kreistag – außer AfD – wurden davon in Kenntnis gesetzt. Auf Nachfrage einer Kreisrätin führte Landrat Harig schriftlich aus: „Nach nochmaliger Prüfung kann kein Eingang einer Dienstaufsichtsbeschwerde verzeichnet werden.“ (12)
Daraufhin wiederholte Pfarrer Michel am 6.Mai die Zustellung über zwei offizielle e-mail-Adressen des Landratsamtes und wieder per Einschreiben (13). Er bat um eine Rückmeldung bis zum 20.Mai. Da keine Antwort, auch keine Eingangsbestätigung ihn erreicht hat, beginnt er am Montag, den 23.Mai, einen Hungerstreik vor dem Landratsamt.
Wir blicken auf die Landratswahl am 12.Juni. Landrat Harig lässt sich demonstrativ auf Großplakaten abbilden als Unterstützer für den Kandidaten und Parteikollegen Witschas. Könnte es da einen Zusammenhang geben für das Nichtbeantworten? Oder wollen Sie durch diese Aktion den Wahlkampf beeinflussen?
Dass diese Aktion den Wahlkampf beeinflusst, ist nicht mein Anliegen. Hätte Landrat Harig auf den Brief im Januar geantwortet oder spätestens jetzt, wo ein Empfang noch weniger zu leugnen ist, gäbe es keinen Anlass für mich. Ob das Nichtbeantworten für Landrat Harig ein Wahlkampfkalkül ist, kann nur er selbst beantworten. Wenn er sich als Protegé für Herrn Witschas soweit herablässt, dass einfachste demokratische Verhaltensnormen ausgesetzt werden, dann übernimmt er auch dafür die volle Verantwortung.

Was sind die Anlässe für die Dienstaufsichtsbeschwerde?
Zum einen ist es eine – aus meiner Sicht – eklatante Verletzung des Datenschutzes. Unterlagen einer Asylbewerberfamilie (hier: ein Darlehensvertrag mit der Evang. Kirchengemeinde Hoyerswerda-Neustadt), die natürlich dem Ausländeramt offengelegt wurden, gingen außer Haus an unbeteiligte Dritte ohne Schwärzung der persönlichen Daten der Familie. Eine entsprechende Beschwerde von Pfarrer Michel, der erst durch die Verwaltung seiner Kirche in Berlin auf diesen Vorgang aufmerksam wurde, bedachte der Verantwortliche für das Ausländeramt, der 1.Beigeordnete U.Witschas, mit einer recht patzigen Antwort im Sinne „alles vom Amt ok – der Pfarrer hat ein Problem“ (Vorgang 1/2/3/4)
Zum zweiten Anlass: Ein Asylbewerber wurde vom Ausländeramt schriftlich aufgefordert, sich von Hoyerswerda nach Kamenz zu begeben, um sich dort ordentlich anzumelden. Problem: Er hatte dafür kein Geld, wurde daher vom Ausländeramt nicht in die Lage versetzt, dieser Aufforderung nachzukommen. Das Bürgeramt Hoyerswerda versuchte in einem langen Telefonat mit dem Ausländeramt eine Lösung zu verabreden – ohne Erfolg. So wurde vom Bürgeramt das Bündnis „Hoyerswerda hilft mit Herz“ um Hilfe gebeten, das daraufhin mit einem Darlehen von 100 € für den Betroffenen (Fahrtkosten und Verpflegung) aushalf. Die Bitte um Erstattung dieses Betrages durch das Ausländeramt wurde von diesem strikt abgelehnt. Eine schriftliche Nachfrage wurde vom 1.Beigeordneten Witschas nicht beantwortet. Eine erneute schriftliche Nachfrage – diesmal mit Einschreiben – blieb ebenfalls unbeantwortet. Daraufhin wurde das Sächsische Innenministerium durch Pfarrer Michel befragt, ob diese Art & Weise der Kommunikation üblich ist in sächsischen Verwaltungen und ob das Ministerium eine Aufsichtspflicht hat. Diese Aufsichtspflicht wurde aber an die untere Behörde, das Landratsamt, zurückverwiesen. Daher der Brief an Landrat Harig im Januar dieses Jahres.
(5/6/7/8/9/10/15)

Wie erleben die Bürgerbündnisse im Landkreis Bautzen, die sich seit 2014 für die Integration von Flüchtlingen einsetzen, die Zusammenarbeit mit dem Ausländeramt?
Es ist beschwerlich, mühsam, entmutigend …
2014 war die Leiterin des Ausländeramtes eine gewisse Frau Borrmann-Arndt. Unter ihrer Regie wurde den Bürgerbündnissen unmissverständlich vermittelt, dass sie eigentlich stören bei den Verwaltungsabläufen. Nach der Zunahme der Flüchtlinge und dem nun entstehenden Chaos wurde vom Landrat die Reißleine gezogen und Frau Borrmann-Arndt von dieser Verantwortung entbunden. Nun wurde der damalige Beauftragte des Landkreises für Katastrophenschutz mit dieser Aufgabe betraut. Jetzt wurden die Bürgerbündnisse als wichtige Partner angesehen für die Bewältigung der großen Herausforderung. Es wurde gemeinsam – auch für Einzelschicksale – nach einer pragmatischen Lösung gesucht. Wer ein gutes Gedächtnis hat, wird sich erinnern, dass vor fünf Jahren Herrn Witschas als 1.Beigeordneten die Verantwortung für das Ausländeramt entzogen wurde. Anlass war der öffentlich gewordene vertrauliche Austausch mit der NPD. Nach einer gewissen ‚Quarantäne‘ wurde ihm aber diese Verantwortung wieder übereignet – mit entsprechenden Folgen. So wurde von ihm ein Wechsel in der Leitung des Ausländeramtes vollzogen – es erschien wieder Frau Borrmann-Arndt auf der Bildfläche, deren Inkompetenz für diese Verantwortung schon erwiesen war. Dies hatte Folgen für die – dann nicht mehr so zu erlebende – Zusammenarbeit mit den Bürgerbündnissen. Auch das Klima im Amt wurde für Asylbewerber zunehmend rauer. Dies war ja auch die Richtlinie des Verantwortlichen Witschas: „Wir haben rund 45 Prozent ausreise-pflichtige Personen im Landkreis. Das primäre öffentliche Interesse bei diesen Personen ist das Verlassen der Bundesrepublik.“  (SZ-Tageblatt Hoyerswerda vom 23.April 2020)

Die Bürgerbündnisse in Bautzen www.willkommeninbautzen.de, in Kamenz www.buendnis-toleranz.de und Hoyerswerda www.hoyerswerda-hilft-mit-herz.de können von den Beschwernissen vielfältig berichten. Ebenso der Flüchtlingsrat in Dresden, der die Unterschiede bei der behördlichen Behandlung der Flüchtlinge im Freistaat beobachtet und dem Landkreis Bautzen einen unangefochten Spitzenplatz einräumt – im negativen Sinn https://www.saechsischer-fluechtlingsrat.de
Warum ein Hungerstreik?
Meine Erfahrung ist inzwischen, dass unangenehme Post im Landratsamt offensichtlich ‚entsorgt‘ wird. Wenn die Arroganz der Macht schon so aus den Knopflöchern trieft, ist es höchste Zeit zu sagen STOP! Ein Hungerstreik zeigt an, dass das Anliegen jemanden sehr wichtig ist - so wichtig, dass auch persönliche Entbehrungen in Kauf genommen werden.

Ich werde am Montag, 23.Mai, um 9.00 Uhr vor dem Eingang des Landratsamtes beginnen. Da ich als Pfarrer etliche dienstliche Verpflichtungen habe, werde ich dies entsprechend abstimmen. So endet der erste Protesttag um 21.00 Uhr und wird am Mittwoch, 25.Mai, und Freitag, 27.Mai, in gleicher Weise wiederholt. Wenn bis dahin keine substanzielle Antwort von Landrat Harig vorliegt, wird die nächste und die nächste und die nächste Woche … entsprechend koordiniert.

Engagement für Bautzen