Aktuell
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Mit der visumfreie Einreise besteht für die ersten 90 Tage keine Meldepflicht. SFR rät zunächst von einem Asylantrag ab, weil bis auf 200 Euro sämtliches Vermögen für die Unterbringungskosten und Sicherheitsleistung einbehalten werden. Darüber hinaus hat die Asylantragstellung gegenüber einem Aufenthaltsstatus aus Richtlinie 2001/55/EG weitere rechtliche Nachteile: siehe im Text. Es besteht die Pflicht, zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung mit absolutem Beschäftigungsverbot zu leben.
Stand: 03.03.2022, 12 Uhr
Praktische Infos: Ankommen in Sachsen aus der Ukraine
1. (Ein)reise in den Schengenraum
a. Ukrainische Staatsangehörige
Ukrainische Staatsangehörige können visumfrei nach Deutschland einreisen, wenn ein biometrischer Reisepass vorliegt. Die visumsfreie Einreise kann später um weitere 90 Tage mit Antrag bei der Ausländerbehörde verlängert werden.
Doch auch ohne biometrischen Pass scheint eine visumsfreie Einreise zurzeit möglich zu sein. Uns wurde berichtet, dass an den Grenzübergängen in Polen, der Slowakei und Ungarn auch Personen ohne biometrischen Pass in den Schengenraum einreisen konnten. In Polen werden die Grenzübergänge Budomehz-Hrushiv und Uhryniv empfohlen.
b. Personen ohne ukrainische Staatsangehörigkeit
Nach unseren Informationen haben Personen ohne ukrainische Staatsangehörigkeit es zurzeit schwieriger, in den Schengenraum einzureisen, doch auch sie werden nach uns vorliegenden Berichten ohne Visum hineingelassen. In Polen sollte dabei insbesondere der Grenzübergang Medyka vermieden werden.Uns haben Informationen erreicht, dass Personen auch ohne Schengenvisum nach Deutschland weiterreisen konnten. Wir empfehlen jedoch vor Einreise ein Antrag auf Visum für Kurzaufenthalt bei einer der deutschen Botschaften in den Nachbarländern zu stellen, um den Aufenthalt kurzfristig zu legalisieren (Budapest, Warschau, Bukarest, Bratislava). Nähere Informationen hierzu finden Sie auf den Internetseiten des Auswärtigen Amtes, auch in ukrainischer Sprache. https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/UKR?openAccordionId=item-2513228-2-panel
Wichtig für alle Personengruppen: von einem Asylantrag raten wir zunächst ab! (Siehe Details unten).
Die Deutsche Bahn erlaubt derzeit deutschlandweit Geflüchtete auf der Ukraine die kostenfreie Nutzung des Regionalverkehrs: https://www.bahn.de/info/helpukraine
2. Ankunft in Sachsen
a. Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit
AKTUELL
Aufenthaltsstatus
Mit der visumfreie Einreise besteht für die ersten 90 Tage keine Meldepflicht.
Unterbringung
Grundsätzlich können sich Geflüchtete aus der Ukraine in allen sächsischen Erstaufnahmeeinrichtingen (EAE) melden und dort akut notwendige Hilfeleistungen erhalten (Unterbringung, Verpflegung, akute medizinische Versorgung). Auch ohne Asylantragstellung werden diese Hilfeleistungen gewährleistet.
In Sachsen ist zurzeit vorgesehen, dass für Geflüchtete aus der Ukraine überwiegend die Kommunen zuständig sein sollen. Bei Fragen zum Aufenthalt und Soziales kann man sich also auch ab sofort auch direkt an die Ausländer– oder Sozialbehörde in der Kommune wenden, wo man angekommen ist. Wie gut die einzelnen Kommunen dafür aufgestellt sind, ist zurzeit sehr unterschiedlich.
Sozialleistungen inklusive medizinischer Versorgung
Sozialleistungen über die Erstaufnahmeeinrichtung hinaus: Solange die Aufenthaltsperspektive Ukrainischer Gefühtete nicht von der EU und vom Bund endgültig klargestellt ist, haben sie keinen Zugang zum Sozialsystem. In besonderen Härtefällen kann aber ein Antrag auf Überbrückungsleistungen nach dem zwölften Sozialgesetzesbuch bei der kommunalen Sozialbehörde gestellt werden (§ 23 Abs. 3 S. 3 und 5 SGB XII). Mehr Infos: https://ggua.de/fileadmin/downloads/tabellen_und_uebersichten/Ukraine_neu.pdf
Ausblick
Aufenthaltsstatus
Politische Entscheidungsträger:innen auf EU-Ebene planen eine Aktivierung der Richtlinie 2001/55/EG. Dafür braucht es einen Beschluss des Europäischen Rates. Dieser soll kommende Woche gefasst werden. Wenn die Richtlinie aktiviert wird, können Geflüchtete aus der Ukraine ohne Asylantragsstellung und individuelle Prüfung schnell und unbürokratisch einen befristeten Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG bekommen. Dieser würde voraussichtlich zunächst für ein halbes Jahr oder ein Jahr erteilt und kann bis zu drei Jahren verlängert werden.
Entwurfstext: https://ec.europa.eu/home-affairs/system/files/2022-03/Proposal%20Council%20implementing%20decision%20implementing%20Temporary%20Protection%20Directive_en_1.pdf
Sozialleistungen und Unterbringung
Mit der Aktivierung der Richtlinie würde es voraussichtlich einen Zugang zu Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG) geben (§1 Abs.1 Nr. 3 a) AsylbLG).
Die Leistungsberechtigten könnten dann nach einer Überbrückungszeit in sächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen Plätze in Gemeinschaftsunterkünften oder Wohnungen der Kommunen zugewiesen bekommen. Wenn Personen ihren Lebensunterhalt selbst sichern können, könnten sie ggf. eigenständig eine Wohnung suchen.
Kita und Schule
Es gäbe dann Zugang zu Kitas und Schulen.
Arbeitsmarktzugang
Mit einem Aufenthaltsstatus auf Grundlage der Richtlinie kann eine Beschäftigungserlaubnis bei der Ausländerbehörde beantragt werden.
Sprachkurse
Es wird voraussichtlich bis auf Weiteres keine Zugangsberechtigung zu den Bundessprachkursen geben. In Sachsen wird aber das Landessprachprogramm zugänglich sein.
b. Personen ohne ukrainische Staatsangehörigkeit
AKTUELL
Aufenthaltsstatus
Derzeit ist es kaum möglich, sinnvolle Ratschläge für die Beantragung eines Aufenthaltstitels zu geben. Sofern die Personen nicht über ein Visum verfügen oder keinen Asylantrag gestellt haben, ist es derzeit leider ein unsicherer Status. Von einer Asylantragstellung raten wir auch hier zunächst ab.
Bitte wenden Sie sich an unsere Beratungsstrukturen, wir versuchen mit Ihnen eine Lösung zu finden (siehe unten). Im Laufe der kommenden Woche hoffen wir mit Beschluss des Rats der EU genauere Infos geben zu können.
Unterbringung
Theoretisch kann sich an die sächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen gewendet werden, auch ohne Asylantragstellung.
Wir raten Personen ohne ukrainische Staatsangehörigkeit aufgrund des oben beschriebenen unsicheren Aufenthaltsstatus, über private Strukturen unterzukommen, soweit das möglich ist. Erste Anlaufstellen sind dafür:
https://www.linxxnet.de/ukraine/
https://www.unterkunft-ukraine.de/
Medizinische Versorgung
Sofern Sie sich in einer Erstaufnahmeeinrichtung melden, kann dort akute medizinische Versorgung vermittelnt werden.
Wenn sie als Person ohne ukrainische Staatsangehörigkeit medizinische Versorgung benötigen und sie sich nicht in eine Erstaufnahmeeinrichtung melden können, wenden Sie sich an unsere Beratungsstrukturen. Wir versuchen gemeinsam eine Lösung zu finden.
Ausblick
Aufenthaltsstatus
Ob und inwiefern Drittstaatangehörige aus der Ukraine auch im abzuwartenden Beschluss der EU umfasst sein werden, ist noch offen. Im Entwurf des EU-Ratsbeschlusses sind zum Beispiel Personen mit Flüchtlingseigenschaft und Asylbewerber*innen erwähnt, ggf. auch Personen mit dauerhaftem Aufenthaltsstatus in der Ukraine. Für klare Aussagen welche Personengruppe über ukrainische Staatsangehörige hinaus Schutz in der EU bekommen, muss der finale Beschluss abgewartet werden.
Hintergrund: Warum raten wir zunächst von einem Asylantrag ab?
Grundsätzlich ist in Folge eines Asylantrages die Zuerkennung des subsidiären Schutzes oder die Feststellung eines Abschiebungsverbots denkbar. Im Asylverfahren besteht zwar Anspruch auf Asylbewerberleistungen und auf Unterbringung, aber bis auf 200 Euro wird sämtliches Vermögen für die Unterbringungskosten und Sicherheitsleistung einbehalten. Zudem wird die Entscheidung über den Asylantrag vermutlich lange dauern.
Darüber hinaus hat die Asylantragstellung gegenüber einem Aufenthaltsstatus aus Richtlinie 2001/55/EG weitere rechtliche Nachteile:
Wenn bereits ein Aufenthaltstitel von bis zu sechs Monaten Gültigkeit besteht, erlischt dieser Titel durch den Asylantrag. Dies gilt auch für den zuvor rechtmäßigen visumfreien Aufenthalt.
Es besteht die Pflicht, zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) zu leben. Man kann daher unter Umständen nicht bei Verwandten oder Freund*innen wohnen.
Während der Zeit in der Erstaufnahmeeinrichtung unterliegt man für die ersten neun Monate einem absoluten Beschäftigungsverbot.
Während des Asylverfahrens kann nur in ganz seltenen Fällen eine andere Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Das gleiche gilt im Falle einer Ablehnung des Asylantrags.
Engagement für Bautzen